Als ich in Hamburg war, habe ich mir wie bereits erwähnt auch den ersten Band von einem DER Klassiker unter den Sci-Fi Mangas gekauft: „Akira“ von Katsuhiro Otomo und zwar in einer wahnsinnig fetten Ausgabe mit 360 Seiten und in gefühltem A3-Format. :D
Damit ihr das mal einschätzen könnt, hier der normalgroße Band 3 von Big Order for scale:

Akira: Katsuhiro Otomo, Carlsen Comics vs. Big Order (den 3. muss ich noch lesen!)
Den Scharfäugigen unter euch könnte neben der Monstergröße vielleicht noch etwas anderes aufgefallen sein, denn das Cover von Akira klappt rechts ein wenig nach oben. Der Manga wird nämlich von links nach rechts gelesen. Das war auf den ersten paar Seiten furchtbar irritierend für mich, aber koreanische Mangas sind ja manchmal auch von der Panelführung her so herum. Ich sollte also nicht rumjammern, sondern zum Punkt kommen. :D
Tusche und Pinsel statt High Tech
Was kann ich euch über Akira erzählen? Nun, der Manga ist anders als die meisten anderen, die ich bisher gelesen habe, was nicht nur am außergewöhnlichen Format liegt. Der Zeichenstil ist völlig anders als der, den wir als „Japano-Manga-Style“ gewöhnt sind, mit dreieckigem Gesicht, zur Hälfte gefüllt mit riesigen Augen. Die Charaktere haben vielmehr ein rundes Gesicht mit relativ viel Stirn, normaleren Augen und nun ja, wirken auf mich irgendwie seltsam. Die Gesichter haben zwar Nasen, was ich ja immer megaüberpositiv finde :D aaaaber realistisch wirken sie auf mich trotzdem nicht. Vielleicht bin ich es mittlerweile einfach zu sehr gewöhnt, dass das komplette Gesicht durch die Augen ausgefüllt ist, aber auf mich wirkte es (insbesondere bei der Schulkrankenschwester o.O) so, als wären die Gesichtszüge viel zu klein für die Köpfe. Da war so viel Leerraum und das hat mich irritiert. An sich wird die Umgebung aber ziemlich gut abgebildet und die Schraffuren geben dem Manga eine gewisse Textur, die moderne und häufig am PC glattgebügelte Zeichnungen oft nicht mehr haben. Das sieht halt manchmal einfach noch richtig nach Tinte aus, was schon cool ist. ^^
Das is ja ausser Steinzeit!
Warum fasele ich eigentlich die ganze Zeit von „damals“ und „altmodisch“? Der Manga erschien zum ersten Mal im Jahr 1984. Neunzehnhundertvierundachtzig! :D Da war ich noch nicht einmal auf der Welt. Die deutsche Erstausgabe erschien allerdings im Jahr 1991 und die Spezialausgabe in Übergröße stammt aus dem Jahr 2000. Das ändert natürlich nichts an der Entstehungsgeschichte. Als Akira entstand war 1992 noch ein paar Jährchen entfernt, daher konnte der Zeichner auch orakeln, dass zu diesem Zeitpunkt in seinem Manga eine Atombombe Tokyo dem Erdboden gleichgemacht hatte. Dann brach der dritte Weltkrieg aus (juhu, Aktualität auch heute noch gegeben! :/) und im Jahr 2030 rasen wir mit ein paar Delinqueten auf ihren Motorrädern über eine Straße ins Herz der alten Stadt aka Tokyo.
Der Hauptcharakter Kaneda ist der Anführer dieser Gang von jugendlichen äh Asis? Wie sagt man denn das jetzt nett? Sie sind quasi die motorradfahrende und zahmere Variante von Alex Droogs aus Clockwork Orange. In manchen Dingen allerdings nicht viel zahmer. Aufgrund ihres Verhaltens wurden sie auf eine Schule für dumme unintegrierbare Kinder gesteckt und leben dort genauso gesetzesuntreu wie vorher. Katsuhiro Otomo zeichnet eine sehr verrohte Welt, in der es keine Werte mehr zu geben scheint und erst recht keine Hoffnung. Eine typische Dystopie eben, der Mann hatte wohl nicht die besten Vorstellungen von der Zukunft. Ein ganz kleines, nahezu unvermeidliches Problem mit den Gangs habe ich dahingehend, dass die leider sprachstiltechnisch nicht ganz auf der Höhe sind. Die aktuelle Jugendsprache einzubauen wäre damals eh nicht sinnvoll gewesen, da die sich ja im Jahr 2030 unterhalten sollen. Von daher hatte ich nicht ganz den verstaubtes-Wortgut-Schock von „Berserk“ beim Lesen, die Sprache hat mich einfach nicht wirklich reingezogen und bei mir recht wenige Emotionen aufkommen lassen.
Gangs gegen Armee gegen Widerstand gegen wen jetzt eigentlich?
Während sich unsere Jungs ziemlich wahllos mit Drogen in Pillenform das Hirn wegballern und den Cops auf irgendwelchen zerfallenen Autobahnen mit ihren geklauten Maschinen davonfahren, braut sich natürlich noch etwas Böses zusammen. Menschen wurden gentechnisch verändert, um im Ernstfall als Waffen dienen zu … oh, haaaalloooo Elfen Lied! ^_^ *wink* Ähem, ja. Jedenfalls sind es dieses Mal keine niedlichen, sich gerne ausziehenden Mädchen, die von der Armee wieder eingesammelt werden, wenn sie ausbrechen, sondern vergreisende Kinder. Eeeww, sag ich nur. :P Hach, was bin ich lustig heute. Die Armee hat aber im Gegensatz zu „Elfen Lied“ auch Gegner, denn in Akira formiert sich Widerstand gegen die Methoden der Armee. Allerdings tut der Widerstand das nur im Geheimen und so ganz klar wird während des ersten Bandes auch nicht, wer da jetzt gegen was genau kämpft. Klar ist, die Armee scheint böse zu sein und Kaneda stolpert mitten hinein in eine Konfrontation zwischen selbiger und den Widerständlern. Fortan gehört er irgendwie so halb mit dazu zum Widerstand, blickt aber wohl noch weniger als ich während ich den Manga gelesen habe.
Abgesehen davon dass die Story Potenzial hat, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass ich den Hauptcharakter echt nich so geil fand. Kaneda ist einfach ein Unsympath. Er ist keiner von den neumodischen coolen Delinquenten und kein richtiger Fiesling, sondern irgendwas dazwischen. Ich kann ihn nicht hassen, aber noch weniger mögen. Er schmeißt sich im Film an alles weibliche ran und nimmt keinerlei Rücksicht auf Konsequenzen. Er ist selbstsüchtig und rennt den Leuten, mit denen er eigentlich kämpfen könnte gerne mal mitten in die Schusslinie, metaphorisch gesprochen. Wobei … wortwörtlich kriegt er’s auch hin. Gleichzeitig besteht zwischen Kaneda und seinen Freunden eine gewisse Bandenloyalität, die bei mir aber bei weitem nicht die Gefühlswelten auftut, wie das manchmal Fairy Tail oder One Piece mit ihrem „ich würde aaaaaaalleees für meine Nakama tun!!“ schaffen.
Unbegeisternde Tiefgründigkeit :(
Es geht prinzipiell aber schon um Betrug, Freundschaft, den Machtmissbrauch der Armee, moralische Grenzen und so weiter und so fort, also alles was man sich von so einem dystopischen Manga mit Kaboom drin wünschen könnte. Leider fesselt mich der Manga trotzdem nicht, was vermutlich auch am mir unsympathischen Hauptcharakter Kaneda liegt, in den ich mich nicht wirklich reinversetzen kann. Es wäre interessant zu erfahren, ob er noch eine tolle Charakterentwicklung durchmacht, da ich mir hier fast nur Verbesserungen vorstellen kann, aber das wäre vielleicht zu simpel. Ach ja! Eine essenzielle Frage hätte ich fast nicht beantwortet. Ich persönlich habe mich gefragt, wer zum Henker denn nun eigentlich „Akira“ ist, da keiner der Hauptcharaktere so heißt. Doch gegen Ende erfährt man endlich, dass Akira … gefährlich ist. Ob es nun ein anderes Greisenkind mit DEN ÜBER-ESP-Kräften ist, eine Bombe, ein schwarzes Loch oder deine Mudda, tjoa, das wird natürlich nicht erklärt. Weil Spannung und so. Weißte Bescheid, ne?
Als Film bzw. Anime stelle ich mir Akira interessant vor, da gerne mal etwas vor sich hin explodiert und die Story recht actionlastig ist. Da der Manga als absoluter Klassiker gilt und zu einer Zeit erschien, als hierzulande wahrscheinlich noch niemand mit dem Begriff etwas anfangen konnte, bin ich mir sicher, dass Akira den Weg gebahnt hat für die aktuelle Mangakultur und viele viele Mangakas inspiriert hat. Von daher bin ich dem Schöpfer des Manga sehr dankbar – werde mir aber vermutlich trotzdem erst mal nicht den zweiten Band anschaffen. Die 19,90 € für Band 1 müssen vorerst als Dankbarkeitsbekundung reichen. ;)
Haters gonna hate, also schießt los mit euren Kommentaren, warum Akira für euch der tollste Manga ever ist! ^^
Eine wunderschöne Wochenmitte und viele spannende Mangas wünscht euch
eure 0utofjoint =)